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Uli Masuth legt die Finger auf offen Wunden

Süddeutsche Zeitung

Steinebach Seit ein paar Jahren erlebt das totgesagte politische Kabarett ein erstaunliches Comeback. Georg Schramm hat es vorgemacht, wie man Pointen in atemberaubenden Tempo abfeuert und dann, als Topping, ein Stück Realsatire obendrauf setzt, dass dem Publikum das Lachen im Halse stecken bleibt. Jetzt gibt es im Ruhrgebietsraum ein paar Jüngere, die das bereits genauso gut beherrschen. Uli Masuth aus Duisburg zählt ebenfalls dazu. „Glaube Hoffnung Triebe“ heißt sein Programm, das er am Donnerstagabend in Raabe’s Wirtshausbrettl in Steinebach präsentierte.

Ein paar Kostproben daraus waren bereits im Fernsehen vorab zu sehen. Manchen mag dies gereicht haben, doch sie werden ihre Abwesenheit zu bereuen haben. Denn es war ein dramaturgisch gut gebautes, in seinen Pointen feines, im Charakter sensibles Programm. Masuth beherrscht die Mischung aus kumpelhaftem Erzählen, spitzzüngigem Kommentieren und dem Legen des Fingers in die offenen Wunden des politischen Alltags ausgezeichnet. Ob es um den Nichtraucherschutz geht (,Ganze Regalmeter Weltliteratur wären ohne Nikotin gar nicht erst entstanden“) oder um dem Schutz des Klimas („Präsident Bush möchte die Erderwärmung senken, indem er die Klimaanlagen stärker stellen lässt“).

Masuths Beobachtungen zu den gängigen Schlagzeilen geschehen aus kluger Perspektive. So betrachtet er die Begrifflichkeiten bundesdeutscher Politiker wie Kurt Beck („Den werden Sie nicht kennen“) sehr genau. Wenn Beck von einem Unterschichtenproblem redet und wegen des bösen Wortes angefeindet wird, so schlägt Masuth vor, die Dinge beim Namen zu nennen:
„Wir haben ein Oberschichtenproblem“ , sagt er angesichts von Managern, die sich großzügig die Bezüge erhöhen, während sie in gleichem Maße die Mitarbeiter ihrer Betriebe entlassen. Um das Problem bei den Wurzeln zu fassen, möchte Masuth statt Mindestlöhnen lieber Maximallöhne einführen. Ab einer gewissen Höhe muss Schluss sein.

Ein anderes Thema von Uli Masuth ist der Umgang mit Kindern in Deutschland. „Kinder haben keine Lobby in diesem Land“, beklagt er, „die deutsche Volksseele erwärmt sich eher bei Hund, Katze und Eisbär“. Doch viele Kinder, denen Masuth auf seinen Reisen begegnet, sehen schon gar nicht mehr aus wie Kinder. Als er neulich im ICE unterwegs war, wunderte er sich, dass in diesen Waggons auch Mastschweine transportiert wurden. „Ich habe den Unterschied nur daran gemerkt, dass Schweine nicht pausenlos telefonieren.’“

Gegen Ende des zweiten Teils befand er das Steinebacher Publikum auch reif für die Triebe. Mit einer klassischen Brechung der Erwartungshaltung brachte er mit der Anekdote eines Tangokurses, der ihn wieder lehrte, ,Mann zu sein, das Phänomen „Triebe“ auf eine einfache Formel: den Glauben, die Hoffnung muss man sich erkämpfen – die Triebe sind einfach nur da. Sein Trieb ist übrigens Musik. Und so endete das Programm, das immer wieder eine musikalische Note hatte, mit einer Eigenkomposition am Klavier.

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