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Sachte Wortgewalt

Uli Masuth gelingt der große Wurf.

Der große Wurf gelingt ihm bei seinem ersten Auftritt in „Raabes Wirtshausbrettl“ dann aber doch eher mit Sätzen wie diesem: „An das ,Nicht malen können‘ werden, seit es zu einer eigenen Kunstform geworden ist, immer höhere Anforderungen. gestellt.“ Das ist zweifellos von Loriot’scher Qualität und lässt zurecht Großes erwarten.

Masuth, der harmlos wirkende Kirchenorganist, der schauen kann wie Jürgen Prochnow, aber manchmal auch wie der Schuhverkäufer Al Bundy, entwickelt seine gesammelten politischen Inkorrektheiten gerne aus jenem sanft-verbindlichen Plauderton heraus, mit dem er erst kürzlich bei „Ottis Schlachthof“ im Bayerischen Fernsehen wie ein gefallener Apostel für Furore sorgte. Programmtitel: „Glaube, Hoffnung, Triebe“ – bei Masuth ein einziger Klimawandel.
Wenn das Wetter immer so strahlend werde wie letzten Sommer, „dann fahr ich die 200 Meter zum Bäcker ab jetzt auch noch mit dem Porsche“, lautet seine Befreiungstheologie. Und wenn sich dann noch eine blonde Geländewagenbesitzerin „mit einem Verbrauch von 66 Litern auf 100 Kilometer“ vor seinen Augen aus dem Sitz schält, dann ist dem Uli Masuth (Betonung auf der ersten Silbe) das allemal lieber, „als wenn so ´ne freudlose ÖkoLiesel und Klima-Pazifistin vom Fahrrad steigt“.

Masuth, der entlaufene Kirchenmusiker mit dem Arbeiter-Touch, dem ständig „Frau Masuth“ mit „ner Kleinigkeit zu Weihnachten“ oder einem partnerschaftsgefährdenden Tango-Kurs zusetzt: „Am Anfang waren wir noch zwölf Ehepaare.“ Masuth, der Illusionslose, der sich fragt, warum man wegen der niedrigen Löhne in Osteuropa „nicht mal ’n paar billige Manager holt?“. Der über Raucherzonen in geschlossenen Räumen sagt, die seien „ungefähr so sinnvoll wie Urinier-Zonen in Schwimmbecken“. Dazu immer wieder die linke Führhand, die man als Zuschauer auch als drohende Pädagogen-Faust deuten könnte, wenn die sprachlich perfekt zugespitzten Bosheiten nicht so charmant lächelnd serviert würden: „Migranten mit und ohne Hintergrund“ werden da genauso wenig verschont wie verfettender Nachwuchs oder Nordic Walker, die „nur zu blöd zum Skifahren“ sind, oder der öffentlich inszenierte Tod von JohannesPaul II: „Da war in Rom die Hölle los – und auf Pro 7 lief ,Stirb langsam 2′.“

Masuth, der Duisburger, räumt mit sachter Wortgewalt auf wie einst Kollege Schimansky – und seine Tatorte liegen überall: Schon in Kirchendiensten hat er nach eigenem Bekunden zur Erstkommunion an seiner Orgel „Highway to Hell“ intoniert, ohne dass dies die verschnarchte Gemeinde aus dem Tiefschlaf gerissen hätte. Da musste er wohl mal einen Befreiungsschlag landen, um nicht zu versauern.

Seit acht Jahren macht Uli Masuth jetzt Kabarett, und mittlerweile traut er sich sogar in den Süden der Republik. „Ohne Fernsehen geht leider nichts“, stellt er fest. Und dann outet er sich noch als „Flusspferdfan“ und trägt am Klavier eine Hymne auf deren dicke Ärsche vor.

Starnberger Merkur

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