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Politik und Alltag: Der Kabarettist Uli Masuth als boshafter Plauderer in der Villa Schwalbenhof

Zum zweiten Mal war Uli Masuth in der Gartringer Villa Schwalbenhof zu Gast. Der Kabarettist aus Duisburg lud ein zur Führung über den Friedhof, wies boshaft und charmant die Politik zurecht, spielte Klavier und hatte sein Publikum im Griff.

Masuths große Stärke ist der unmittelbare, persönliche Kontakt zum Publikum, den er augenblicklich aufnimmt. Deshalb ist ein Spielort wie die Villa Schwalbenhof für ihn wie geschaffen. Mit Bedacht, hat er sein Programm in zwei Hälften aufgeteilt, eine erste, in der er als Kabarettist der klassischen Art auftritt und die Themen der Tagespolitik aufs spitze Korn nimmt: Hartz IV zum Beispiel, die Bildungspolitik, vor allem aber „die menschlichen Werte der Amerikaner“, den Irak-Konflikt, die Wiederwahl George Bushs.

Hier schon funktioniert die Interaktion mit dem Publikum hervorragend, setzt sich der boshafte Plauderer auch mal ans Klavier. Der zweite Teil des Abends dagegen ist persönlicher gehalten, ein Kabarett des kleinen Mannes und seiner Alltagswidrigkeiten, durch das das Gespenst der „Frau Masuth“ spukt, eine Wendung, die Herr Masuth sich wahrscheinlich bei Colombo abgeschaut hat. Sie ist es, die ihn zum Tangokurs nötigt (ein Weihnachtsgeschenk), ein Tanz, der die sorgfältige „Ex-mannzipation“ Masuths umkehrt und den erfolgreich hinfortdomestizierten Macho wieder zum Vorschein bringt. Masuth gibt vor, Kirchenmusiker zu sein (er ist es tatsächlich) und erzählt; wie er nach einem solchen Tangoabend und einigen Flaschen argentinischen Weins während der Christmette in seiner Heimatgemeinde sehr beschwingt „Oh du Fröhliche“ als Tango orgelte. Angeblich hat’s keiner gemerkt, sagt er.

So einnehmend Masuth sich auf der Bühne präsentiert, so souverän er mit seinem Publikum umgeht, so böse ist mitunter, was er sagt. Wenn er auf die Frage der Zwangsarbeiter .während der NS-Herr-schaft zu sprechen kommt und das Verhältnis der aktuellen Bundesregierung zu den Profiteuren, wird er nicht nur bitterernst, er nennt sie auch beim Namen. Aber auch die zweite groß–; Volkspartei kommt nicht davon: „Erinnert sich noch jemand an Helmut Kohl?“ Das Dilemma der CDU, stellt er fest, das sein ja wohl das „C“ in ihrem Namen: „Christos ist altgriechisch und heißt ,Der Gesalbte‘. Im Volksmund also ,Der Geschmierte’“. Und, verkleidet als Friedhofswärter, stänkert er drauf los: , „Guido Westerwelle soll schwul sein? Das glaub ich nicht. Der will sich doch nur die „ Frau Merkel vom Hais halten!“

Zuletzt outet sich Masuth als Liebhaber von Flusspferden, der in den Tierpark geht, um diesen Tieren in die putzigen Gesichter und auf die drallen Gesäße zu schauen, wie andere das im Pornokino tun. Und wenn er deshalb ein Lied über Flusspferde vorträgt, das sich anhört, wie eine neue Komposition für Klavier („Das Spannendste daran ist immer die Frage, wie lange das Publikum das mitmacht“), dann ist das zum Teil womöglich auch wieder Ernst gemeint. „Meine Lieblingskomponis-ten“, erzählt er auf seiner Homepage, „heißen Arnold Schönberg, Hans Werner Hen-ze, Gustav Mahler, Arvo Part, Herbie Hancock, Miles Davies und Toni Fontanella, meine Lieblingsschriftsteller sind Max Frisch, Vladimir Nabokow und alle Herausgeber von Katalogen für Damenunterwäsche.“ Der Mann hat Geschmack. Und im Tierpark begegnet ihm Goethes Werther.

VON THOMAS MORAWITZKY

Gäubote

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