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Plauderpakete fein geschnürt

Kabarett „Ein Mann packt ein“ mit Uli Masuth im Haus Catoir in Bad Dürkheim – Kleine Denkpausen für Publikum und verschmitzter, kluger Hintersinn

BAD DÜRKHEIM. Am Anfang fliegen ihm die Themen nur so zu. Grund genug also für den Kabarettisten,
auszupacken. Oder gleich einzupacken?
Dann wäre dem Publikum, am Freitag im Haus Catoir, einiges entgangen. Denn in seinem dritten
Soloprogramm „Ein Mann packt ein“ deckt Uli Masüth auf, was andere gern zudecken würden.

Lässig, entspannt und mit lockerem Charme präsentiert er politische Aktualitäten, gesellschaftliche Auswüchse und menschliche Abgründe. All diese fein geschnürten und unerschrocken aufgewickelten Pakete geben
Anlass zum Vergnügen. Das Zuschauerlachen
bleibt eher leise, denn im beiläufigen Plauderton wer-
den gehörige Portionen zum Nachdenken verabreicht und unangenehme Wahrheiten sind inbegriffen.
Masuth hat bei alledem keine Eile.
Verbale Wasserfälle sind nicht seine Sache. Wenn er über den „scheidenden Bundespräsidenten“ und dessen gut bezahlten Ausbildungsplatz im
Präsidialamt (er muss ja noch lernen) spricht, oder wenn er den lange unterschätzten Rechtsextremismus in Deutschland hinterfragt, dann
greift er unserer schnelllebigen Welt entschlossen in die Radspeichen. Das gibt nicht nur deutliche Bremsspuren, sondern auch Kopfarbeit fürs Publikum.
Masuth, selbst ein bisschen zwischen den Themen schlingernd, gönnt dem Zuhörer dafür kleine
Denkpausen. Statt auf eiliges Abarbeiten von Pointen setzt er auf verschmitzten, klugen Hintersinn.
?Frau Masuth?, obwohl nicht anwesend, spielt eine bedeutsame Rolle im Programm. Nicht nur, dass sie angeblich die kabarettistische Kunst weiterführen wird, wenn Gatte Uli vor lauter Bühnenmüdigkeit wirklich mal einpacken sollte. Womöglich auch keine schlechten Aussichten. Aber nach dem, was er in Bad
Dürkheim zeigte, kann Masuth seine kritisch-wachen Rundblicke gerne auch in Zukunft schweifen lassen.
Kann dabei austeilen in alle Richtungen, seine Zweifel anbringen und Ziele anvisieren, kann sein Publikum aufmerksam austesten. Etwa mit der
Frage, wie hoch oder tief die Gürtellinie liege: Höhe Kinn oder doch eher Fußknöchel? Und es zeigte sich klar: Die Urologenwitze kamen gut an, auch wenn sie angeblich nicht vorgesehen waren.
Das Thema Fortpflanzungsstrategie ist da nicht weit entfernt. Der gutgemeinte Rat angesichts der demografischen Entwicklung: Die Produktion von Nachwuchs könnten die Deutschen auch ins Ausland verlagern. Noch dazu hat das Verhältnis von Mann und Frau stark gelitten. Was den schwarzhumorigen
Künstler in gehöriges Grübeln bringt: Jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Aber warum eigentlich nur jede dritte?
Da die Gefühlswelt von Mann und Frau derart auseinandergehen, kann Masuth ausgiebig aus der Klischeewelt entsprechender Verhaltensweisen
schöpfen. Zwischendurch begleitet er sich exzellent am Klavier. Während er mit den Pianotasten klangvolle und durchaus romantische Harmonien
schafft, klingt der geschilderte Alltag der Geschlechter weniger harmonieträchtig.
Ohne sich groß um politische Korrektheit zu scheren, beleuchtet Masuth die verquere Denkwelt
der „Maskulisten“ und das Leiden der „Exmannzipierten“, distanziert sich von den „Anonymen Alkoholikern“ („Ich trink doch nicht mit
Leuten, die ich gar nicht kenne“) und schaut der Kirche unter Verhüllungen und Soutanen.
Das Schöne dabei: Er hält inne, scheint abzuwägen, was er gerade sagt: „Auch grenzwertig, ne?“ Aber
die Grenzüberschreitung gefällt immer wieder, selbst wenn der Kabarettist manchmal eine gewisse Lustlosigkeit an den Tag legt. „Was ich Ihnen
erzähle, das interessiert mich gar nicht mehr.“ Auch eine interessante Art, einzupacken und abzuheuern.
Wenn ihm das Leben ohne Applaus denn wirklich möglich ist.

Von Sigrid Ladwig

Rheinfalz 6.2.2012

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