Zurück

Neue Kabarettwege

Am 20. September war der Kabarettist und Musiker Uli Masuth zum dritten Mal zu Gast beim Kulturverein in Neu Wulmstorf – zwei Tage vor der Bundestagswahl 2013. Doch wer nun „Hau-drauf-Kabarett“ erwartet hatte, musste sich eines Besseren belehren lassen. „Aber nein“, sagt Uli Masuth (den ironischen Unterton hinter mildem Lächeln versteckt), „ich gehe jetzt andere Wege als meine Kabarettkollegen. Von mir werden Sie nichts über Muttis Schwarz-Rot-Gold-Halskette hören, nichts über Peer Steinbrücks Stinkefinger – und zur FDP sage ich erst recht nichts … denn die kann einem ja nur leidtun. Von mir werden Sie nur die guten Nachrichten hören“.
So heißt denn auch sein viertes Soloprogramm „Und jetzt die gute Nachricht!“ und der voll besetzte Neu Wulmstorfer Ratssaal war die erste Station nach der Premiere eine Woche zuvor. Zwei Stunden lang griff Masuth aktuelle Themen aus Boulevard und Politik auf, im sanften Plauderton wurden Sachverhalte zur Lage der Nation, Europas und der Welt, die eigentlich richtig wehtun, zu guten Nachrichten weichgespült.
Dass die deutsche Sprache sich auf das Niveau von SMS-Kürzeln zubewegt: Wozu sich aufregen – das ist doch DIE gute Nachricht für alle Legastheniker. Dass Frauen bei gleicher Arbeit vielfach immer noch schlechter verdienen als ihre männlichen Kollegen: Chapeau, die Damen, welch ein volkswirtschaftlicher Nutzen! Dass Kakerlaken (laut einer Studie eines britischen Unternehmens für Schädlingsbekämpfungsmittel – ein Schelm, wer Böses dabei denkt…) die größten Klimasünder von allen sind, weil sie im Verhältnis zu ihrer Körpergröße mehr vom Klimakiller Methangas produzieren als Kühe: Welch eine sinnvolle Einrichtung ist doch das „Dschungelcamp“!
Steuersünder („Jeder von uns hat doch schon mal am Finanzamt vorbeigemogelt“), die Reaktorkatastrophe von Fukushima, die Euro-Krise, Hähnchenbrust „mit echten Knochen“, NSA und NSU, der demografische Wandel: Uli Masuth deckt die wunden Stellen der Gesellschaft mit dem „Sehen-wir-es-doch-positiv“-Pflaster ab, nicht ohne zuvor ein Quäntchen Salz hineingestreut zu haben. So blieb mancher Lacher im Halse stecken.
Dass der Musiker Masuth (der lange Zeit in seiner Heimatstadt Organist war) auch in seinem neuen Programm wieder „mit Klavier, aber ohne Gesang“ auftritt, sei auch erwähnt, schließlich verkaufen sich Botschaften – kleine Anleihe aus der Werbung – mit musikalischer Untermalung noch besser.
Dem Neu Wulmstorfer Publikum bereitete der Abend sicht- und hörbar ein großes Vergnügen, es sparte nicht mit Beifall und trat nach einer Zugabe (Masuth: „Die probiere ich jetzt mal aus“) gut gelaunt den Heimweg an. Nachdenkliche Nachwirkungen dürften aber nicht ausgeschlossen sein…

Von K. Schröder

Neuwulmstorfer Nachrichten 23.9.2013

Zurück