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Nachhaltiges Lachen ohne Schadenfreude

Uli Masuth verkündet in der Obernburger Kochsmühle „die gute Nachricht“ mit all ihren Widerhaken

OBERNBURG. Scheinbar gemütlicher Sprechgesang, ein freundliches Gesicht mit sanftem Lächeln und nie lautstarke Gefühlsausbrüche: Wer auf den ersten Eindruck setzt, wird Augen machen im Programm »Und jetzt die gute Nachricht« von Uli Masuth, der am Sonntagabend in Obernburgs Kochmühle auftrat.
Der 50Jährige aus Krefeld, der seit einigen Jahren in Weimar lebt, ist eher ein Mann der leisen Töne, zelebriert eine Freundlichkeit mit Widerhaken und setzt auf die Langzeitwirkung von sanftem Sarkasmus – wenn es so etwas überhaupt gibt.

Wer zwischen den Zeilen seines Programms liest und sich von der Sanftheit des Auftritts nicht täuschen lässt, kann spüren, dass es Masuth tatsächlich um eine Art Kreuzzug geht – aber um einen ohne Waffengeklirr. Die Ungerechtigkeit in der Welt und auch vor unserer Haustür treibt ihn um und zu immer neuen Programmen, und weil er wohl spürt, dass man heute mit dem Pathos der 50er und 60er-Jahre keine Wirkung mehr erzielen kann, versucht er es anders – fast so, wie er es der englischen Waffenindustrie vorwirft, die »leise Waffen mit gleich guter Tötungsqualität« erfunden habe. »Bei mir lachen Sie anders – ohne Schadenfreude und nachhaltig“ formuliert Masuth und versprach schon gleich zu Beginn seines zweistündigen Programms: »Sie werden beschwingten Fußes nach Hause gehen.«

Nachwirkende Aussagen
Zugegeben: So ganz gelang das nicht – und das hatte mehrere Gründe: Einerseits beschäftigten so manchen Zuhörer tatsächlich erst auf dem Nachhauseweg Masuths Sentenzen mit Langzeitwirkung und er musste beispielsweise noch mal genau überlegen, ob es tatsächlich ein Lob war, wenn dem Bischof von Limburg zugute gehalten wurde, dass er mit seinem Bauwerk „immerhin keine Schulden gemacht“ habe und ob die Agenda 2010 wirklich eine „Kopiervorlage für die europäischen Krisenstaaten“ werden sollte.

Und spätestens auf dem Heimweg dürften auch beim langsamsten Kabarettbesucher Zweifel aufgekommen sein, ob es tatsächlich eine »gute Nachricht« ist, dass Deutschland „Marktführer im Niedriglohnsektor“ ist und was es bedeuten könnte, wenn man in Berlin sagt: „Niemand hat die Absicht, hier einen Flughafen zu errichten.“ Uli Masuth hat ja recht, wenn er sagt, dass „schlechte Nachrichten eine kuze Halbwertszeit“ haben und ironisch-sarkastisch vorrechnet, dass wir uns für die Summe, die in der EU durch Steuerhinterziehung verloren gehen, rechnerisch pro Jahr zehn Super-Gaus wie in Fukushima leisten könnten. Manchmal hätten sich aber auch Kabarettbesucher, die nicht garz langsam von Begriff sind, mehr Variation im Auftritt von Uli Masuth gewünscht, denn der freundliche Parlandoton mit Widerhaken nutzt sich im Lauf von zwei Stunden doch ein bisschen ab.

Richtige Fragen
Das ändert nichts an den Qualitäten des neuen Programms »Und jetzt die gute Nachricht«, denn die Fragen, die Masuth stellt, sind allemal die richtigen. Und es ist tatsächlich eine entscheidende Frage, ob wir auf dem Weg zu einer »marktkonformen Demokratie« sind oder nicht doch lieber »demokratiekonforme Märkte« anstreben sollten.

Von Heinz Linduschka

Main Echo 5.11.2013

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