Zurück

Mit Tango wider die Emanzipation

Schon nach 10 Minuten des Masutschen Programms ist die Stimmung im Keller, konstatiert der Künstler selbst.
Und hat recht – im positiven Sinne. Denn der ausverkaufte Kulturkeller ist begeistert von dem Mann im Anzug, der am Klavier sitzend die politische und gesellschaftliche Realität aufzeigt: Zahlen und Fakten, die jeder kennen könnte aber keiner wahrhaben will und deren Offenbarung deswegen abwechselnd zu Lach- und zu Schreikrämpfen animiert. Die Realität schreibt die besten Gags. Und die schlimmsten.
Irgendwie erinnert der Mann, der am Samstagabend auf der Bühne des Kulturkellers steht, an Hagen Rether: Beide lieben harmlose, belanglose Klavierklimpereien als Kontrast zu den harten Wahrheiten unserer Zeit, beide nehmen Gott und die Welt aufs Korn, springen von Kanzlerin zu Kirche zu Wirtschaftskrise und wieder zurück. Und doch scheint es zunächst so, als wäre der Doppeldeutigkeiten liebende Uli Masuth nur halb so
böse wie der Mann mit dem Pferdeschwanz.
Ein klassisches Fehlurteil.
Im Laufe des Programms tritt der erklärende, nüchtern aufzeigende Masuth immer wieder in den Hintergrund und lässt das Biest heraus: Dieses offenbart dann die positiven Seiten der Ölpest im
Golf von Mexiko („Die hat uns gezeigt, dass es noch Naturparadiese gibt, die es sich zu zerstören lohnt“), lässt Japan vom Land des Lächelns zum Land des Strahlens mutieren und sieht die päpstliche Freigabe von Kondomen für männliche Prostituierte vor allem als Dienst am katholischen Klerus. Im Publikum halten an diesen Stellen einige die Luft an.
Masuth macht also alles richtig.
Wenn Masuth nicht gerade im klassisch thematischen Potpourri des politischen Kabarettisten rührt (Kirche, Staat und Wirtschaft), spricht er über den Geschlechterkampf. Der ist auch bei ihm zu Hause in vollem Gang: Er selbst denkt an den Abschied von der Bühne, seine Frau, die wie viele andere ihrer Art laut Masuth keinen Humor besitzt, will ihn ersetzen. Denn, wie der Männerrechtler D. Eugen Maus erkannt haben will: Frauen sind zu
allem fähig. Auch zum Kabarett.
Zum Glück hat Frau Masuth einen schweren Fehler gemacht und ihrem Mann einen Tango-Kurs geschenkt Den die beiden sogar wahrgenommen haben. Und nachdem Uli Masuth die Folgen der Exmannzipation durch seine Ehefrau überwunden und das für den Tango nötige Macho-Gehabe wiedergefunden hat, hat er im Haus die Hosen an. Muss nicht mehr Kochen und Bügeln. Und kann mit dem Kabarett fortfahren. Gut so. Damit kann das
Publikum hoffen, Uli Masuth bald wieder in Fulda begrüßen zu dürfen. Dann ist die Stimmung erneut im Keller.
Und da gehört sie hin.

Von Thomas Kölsch

Fuldaer Zeitung 16.1.2012

Zurück