Zurück

Kabarett mit Biss, Scharfsinn und Eigenart

Uli Masuth überzeugt im Kleinkunstkeller

Masuths Programm sei „tagespolitisch aktuell, mit Klavier, aber ohne Gesang“, heißt es in der An-
kündigung. Das sollte man von einem Kabarettisten erwarten dürfen, und letzteres läßt hoffen.
Zu viele meinen, ihre Show durch witzige Liedchen aufpeppen zu müssen.
Uli Masuth (die Betonung liegt auf der ersten Silbe, die zweite wird nacbgeschnoddert) nervt nicht und hält, was er verspricht.
Ihm wird nachgesagt, er biete anspruchsvolles
Kabarett, die Jury Satirelöwe lobte „seinen angenehm intellektuellen Umgang mit
dem Ungesagten“. Die Messlatte hängt also hoch.
Uli Masuth reißt sie brutal nach wenigen Minuten.
Urologenwitze. Die gehören – er wendet sich erklärend Richtung Presse – ausdrücklich nicht zum
Programm, sagt der Hochgewachsene mit den agilen Gesichtsmuskeln und grinst. Als die deftig pointierten Männerarzt-Geschichten überstanden sind, das Publikum seine Erwartungen entsprechend runtergeschraubt hat, kann er von null durchstar-
ten. Ein cleverer Kniff: So wurde der Abend besser als erwartet, oder, von der Ankündigung und
den Kritiken ausgehend, so gut wie erhofft.
Manche Nachrichten muss Masuth gar nicht überspitzen. Es reicht etwa zu erwähnen, dass die
Staatsanwaltschaft von einem „extremen Einzelfall“ gesprochen habe, nachdem ein Neonazi einem
Menschen mit einem kaputten Bierglas ein Auge ausgestochen hatte. Beeindruckend ist Masuths Gespür für solche Ungeheuerlichkeiten, die im Nachrichtenfluss kaum beachtet vorbeirauschen.
Ein Thema ist natürlich auch die Schuldenkrise.
Er sei zwar kein Finanzexperte, meint er und begleitet am Flügel seine Gedanken mit wohlklingender „Fahrstuhlmusik“, doch „ich hab‘ das Gefühl, das wirkliche Problem bei den Finanzen ist das Geld“.
Sehr amüsiert lauschen die Besucher seinen Ausführungen über die unterschiedlichen
Mehrwertsteuersätze. Für Hotelübernachtungen,
Frühstück ausgenommen, würden nur sieben
Prozent berechnet, im Stundenhotel hingegen 19 Prozent, denn: „Der Steuersatz der Nebenleistung
teilt das Schicksal der Hauptleistung. Das ist noch
übersichtlich. Aber was ist, wenn der Gast danach einschläft?“
Berlusconi bekommt sein Fett weg, zu Guttenberg ist auch wieder da, zumindest im Kabarett.
Edmund Stoiber allerdings fehle ihm, „ein großartiger Kollege“ – schallendes Gelächter im Keller.
Im zweiten Teil kümmert sich Masuth um die katholische Kirche und analysiert gender-theoretisch
mögliche Unterschiede zwischen Mann und Frau.
Aufpeppende Showelemente liefert er am Flügel, eigene Kompositionen oder die Nationalhymne –
der deutschen Mentalität angepaßt in Moll sowie „O du fröhliche“ im Tangorhytmus. Der ehemalige Kirchenmusiker zeigte Biss, Scharfsinn und Eigenart.

Von Silvia Haiduk

Bietigheimer Zeitung 12.12.2011

Zurück