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Gnadenlos unverschämt – Kabarettist Uli Masuth bekehrt zur richtigen Denkungsart

Glaube, Hoffnung, Triebe – der Dreisprung kommt aus der Bibel, wenigstens so ähnlich. Kabarettist Uli Masuth aus Duisburg sucht bewusst den christlichen Anklang. Mit der moralischen Wucht eines alttestamentarischen Propheten nimmt er den Weltlauf aufs Kom, wo man den Trieb zum Kriegsspiel und zur Mitnahme aller Vorteile voll auslebt. In der Kresslesmühle erlebte man am Samstagabend linkes politisches Kabarett guter alter Schule.

Der schlanke, große Herr im schwarzen Sacko redet fast ohne Unterlass. Als sendungs-bewusster Pastor bekehrt er seine Gemeinde zur richtigen Denkungsart. Die Tagespolitik liefert ihm Steilvorlagen. Sei es die christliche Ergebenheit der Laurenz Meyers („sie säen nicht, sie ernten nicht und der himmlische Vater nährt sie doch“), so dass man den Reichstag glatt in RWE-Arena oder VW-Kessel umbenennen könnte, oder der weihbischöfliche Ratschlag, jetzt unbedingt Urlaub zu machen am Indischen Ozean – „wenn’s dir nichts ausmacht, zwischen Leichen zu baden“, schiebt Masuth nach. Sein Liebling ist der fromme US-Präsident George W. Bush, weil dieser eine so schöne Doppelmoral pflegt.

Uli Masuth sucht den Kontakt mit seinem Publikum, gibt den Charmeur ebenso wie den Provokateur. Besonders die Rentner haben es ihm angetan – „unsere neue Elite“, sagt er. Früher seien sie mit 70 abgetreten, „heute hält sich nicht mal der Papst daran“. Dafür laufen unsere Kinder als pausenlos handyfonierende Mastschweinchen herum – „nicht nur doof, sondern auch dick“. Masuth kann gnadenlos unverschämt sein, womit er die Lacher ziemlich strapaziert. Zuhause auf der Orgelbank in St. Josef zu Duisburg kann er der „freudlosen Truppe“ im Kirchenschiff eh alles vorspielen -sogar „O du fröhliche“ im Tangoschritt.

Am Klavier hält das Lästermaul übrigens die Klappe, es sind die wenigen Augenblicke des Abends, die den Lachmuskeln Entspannung bieten. Köstlich anzuschauen ist Uli Masuth als blasierter Geografie-Oberstudienrat im Flughafen, der sich aufregt, weil jetzt schon die Ossis das Sporttauchen entdecken – mit seinem „Soli“. Noch süßer ist Stanislaw vom Friedhof, der vertraulich ausplaudert, was die Leute vor ihrem Tod so alles treiben und trotzdem noch die Fahrkarte zum Himmel kriegen.

Dazwischen mischt er listig Totgeschwiegenes. Warum sind plötzlich alle schwul? „Der Westerwelle will sich nur die Merkel vom Hals halten“, lautet die umwerfende Antwort. Korruption in der CDU steckt übrigens schon im Namen, heißt doch Christus frei übersetzt „der Geschmierte“. Das Tangofieber führt dazu, den Macho zurückzugewinnen, der so lange „exmannzipiert“ war. Einfach herrlich!

Von unserem Redaktionsmitglied Alois Knoller

Augsburger Allgemeine

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