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Gefühle gehen auf die Leber

Uli Masuth zwischen Politik und Posse/ Hochanalytische Innenansichten aus unserem Gemeinwesen

Von unserem Mitarbeiter Matthias H. Werner

Wir sind längst in der „Ex-Mann-zipation“ angekommen, das ist an allen Ecken und Enden zu spüren – also warum nicht der Wahrheit offen ins Antlitz grinsen und Bilanz ziehen nach einer Menschheitsgeschichte Geschlechterkampf? Das dachte sich der inzwischen zum Wahl-Weimarer avancierte Ex-Duisburger Uli Masuth mit seinem neuen Programm und plante im Pumpwerk mit „Ein Mann packt ein“ gleich seinen Ausstieg aus diesem ganzen Gestreite um die Vorherrschaft – auch auf der Bühne: Kann er schließlich auch seiner Frau überlassen. Die macht das sicher auch gut.

Komplexe Zusammenhänge
Zuvor also eine Art Abschiedstournee, mit der Masuth, vielbeschworener „Gentleman unter den Kabarettisten“, sich selbst und seinem Stil, der in einer spannenden Mischung aus Geist, Genius und Gesellschaftskritik, Politik und Posse, Wahrheit und Witz besteht, treu bleibt: Nach „Glaube, Hoffnung, Triebe“ also wieder das Mann-Frau-Ding als Rahmen für seine teilweise hochanalytischen
Innenansichten aus unserem Gemeinwesen, die er in einer spitz formulierten, unbarmherzigen
Unverfrorenheit aussprach.

Gender-Theorie und Viagra, Klimawandel und Bildungspolitik dienten nur als Aufhänger, um tiefer in die jeweils wirklich behandelte Materie einzutauchen und sich in „billigsten Vorurteilen“ zu suhlen – „die meistens stimmen“.

Fein sezierte Masuth die Jetzt-Zeit – „nach dem Patriarchat Kohl und dem Testosteriat Schröder nun das Matriarchat Merkel“, in dem der Mann langsam zum Auslaufmodell wird, das allenfalls noch als Botenjunge für Einkäufe dient, in dem aber auch die Bevölkerung auszusterben droht: „Es kann doch nicht sein, dass man die Produktion von uns Deutschen auch noch ins Ausland verlagern muss“.
Geschickt verschränkte Masuth dabei die Themen, schwenkt von der neuen Bundesregierung („Ich wusste sofort: Das werden herrliche Zeiten fürs Kabarett“) über Amerikas Obama („Die Bush-Regierung hat nen Haufen Dreck hinterlassen zum Aufräumen darf jetzt wieder Neger ran“) direkt zur Familien- und Sozialpolitik, zu der die eigenen Söhne als Nesthocker postulieren: „Bis wir so alt sind wie du, da gibt es die Rente mit 85 – also: warum eilen?“

Was markant war an diesem Abend, das ist die bemerkenswerte sprachliche Höhe, in der Masuth
sich wohl fühlt, die aber auch erhebliche Konzentration vom Publikum verlangte: Wenn von der Koalition zwischen „CDU, CSU und den Freien Radikalen“ die Rede ist, könnte sonst ein Bonmot verloren gehen. Und es bedarf bisweilen auch etwas Geduld, bis ein komplexer Zusammenhang aufgebaut ist – „Wie soll man Schüler für den Englisch-Unterricht begeistern, wenn man weiß, dass man es mit den Englisch-Fähigkeiten eines Günther Oettinger zum EU-Kommissar schafft?“

Das Publikum folgte Masuth meist. Der aber hatte seine ganz eigene Gegenstrategie und begeisterte
sich, „es ist übrigens auch ganz schön, wenn so ’ne Pointe komplett verraucht. Einfach mal nix!“ Bisweilen kam es aber auch vor, dass Masuth ein zu heißes Thema zu unwirsch anpackte oder ein wunderbarer Gedanke sich doch nicht in eine Pointe packen ließ. Klar ist: Einen Abend der Schenkelklopfer findet man bei ihm nicht. Den will er allerdings auch gar nicht produzieren.

In rund zwei Stunden belehrte der Kabarettist, dass Gefühle nicht aufs Herz gehen – „sondern auf die
Leber“, dass inzwischen „Maskulinisten“ für die Männerrechte kämpfen müssen und dass „den Gürtel enger zu schnallen manchmal ganz gut für die Figur“ ist. Dazwischen ein wenig entspannende Musik Das machte den Abend wie angekündigt: Ohne Gesang, aber mit erhellender Wirkung.

Hockenheimer Tageszeitung 17.3.2010

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