Zurück

Bitterböse, blitzgescheit … und unglaublich schnell:

Kabarettist Uli Masuth spaltet im Herrenhof das Publikum

Die Rheinpfalz 28.9.2009

Wer auf leicht verdauliche Unterhaltung hofft, ist bei ihm verkehrt: Uli Masuth ist bitterböse, blitzgescheit, kann mit lammfrommer Miene politisch inkorrekt den Finger so gezielt in die Wunden legen, dass einem manches Lachen fast im Halse stecken bleiben mag: Der Duisburger Kabarettist verlangt den Zuschauern einiges an Aufmerksamkeit ab. Sein Sinn für sprachliche Finessen und sein rasendes Tempo schieden im Mußbacher Herrenhof am Freitag die Geister: während sich die einen köstlich amüsierten, gab es andere, die den Pointen nicht folgen konnten oder wollten.
Auch wenn das aktuelle Programm heißt: „Ein Mann packt ein“, ist die eigentliche Hauptperson „Frau Masuth“, deren vom Gatten vorgetragene Ansichten den vorwiegend in intellektuellen Sphären schwebenden Künstler erden, den Bezug zum gesamten Publikum herstellen. Genau wie die wohldosierten musikalischen Einlagen kommt sie immer dann ins Spiel, wenn die menschliche Schmodderbrühe, die Masuth spitzzüngig respektlos analysiert, gar zu schmerzhaft, wenig komisch ist.
Erstaunlich, wie viele Themengebiete man in zwei Stunden ansprechen kann: Wirklich jeder kriegt sein Fett ab. Vom „apokalyptischen Reiter Schäuble“ ist die Rede, vom Paradigmenwechsel eines Horst Köhlers, der mit seinem „Jetzt erst recht“ einen just entlassenen Arbeitnehmer zum Umdenken bringen kann: „Mich hat’s erwischt, aber die Firma läuft“, von Südafrika, wo Kindern, die das gar nicht wollen, Organe entnommen werden, „zur Strafe kriegen sie nichts dafür“; von der Apparatemedizin, die einen zwangsverpflichtet, seine Lebenserwartung voll auszuschöpfen. Ob „Guantanamo“ bekannt sei, hakt der Künstler sicherheitshalber nach, als das Publikum verhalten reagiert. Um dann nachzuschieben: „Ein paar Sachen muß ich schon voraussetzen können, aber, na ja, wer schon mit Gender-Theorie nichts anfangen kann…“
Soll man diesen Mann lieben, für seinen Wortwitz, seine Intelligenz? Soll man ihm die rote Karte zeigen für die provozierende Arroganz, die er jenen gegenüber an den Tag legt, die seinen Gedankensprüngen nicht leichtfüßig folgen können? Es braucht mitunter Zeit, ihm gedanklich zu folgen, seine bissigen, klugen Bemerkungen sacken zu lassen. „Die Frauenquote bei Sprengstoffattentätern ist gestiegen, bei gleichzeitiger Nichtgleichberechtigung der jenseitigen Belohnung.“ Ihm, Vater der Gedanken, ihm, der diese regelmäßig vorträgt, ist deren Sinn geläufig. Aber kann er dem Gegenüber das Nachdenken verübeln? Reicht das regelmäßig Hingeworfene „Bitte, meine Damen und Herren…“ als Pause zum gedanklichen Aufholen?
Masuth macht Spaß mit seinen brillanten Bildern, seinen zynischen Satiren, wirkt auf das Spachzentrum der linken Hirnhälfte so erfrischend wie ein Sudoku oder Kakuro auf die rechte. Trotzdem möchte man ihm mitunter zurufen: stopp, Pause! Manches Mal schein er es zu hören: baut dann die Ansichten der Frau Masuth ein, plaudert aus jenen Zeiten, als er noch Kirchenmusiker und Chorleiter war, als er im Tangorausch „Stille Nacht“ oder „Highway to hell“ zum Auszug nach der Erstkommunion gespielt hat.
Gegen Ende des Abends zieht Masuth auf der Herrenhof-Bühne Bilanz: „Manchmal hat man ein Publikum, die klatschen und hauen drauf. Da sind sie ja viel sympathischer.“ Einige lachen, andere kichern verhalten. Geklatscht wir nicht. Jetzt wechselt er zu Viagra, „Pille einwerfen und man hat das Problem im Griff“ und wertet den Beifall als Zugaberuf, philosophiert „wenn man reichlich gibt, ist auch nicht zwingend mit Dank zu rechnen„: Ein Freund habe seiner Frau einen Gutschein über 10.000 Euro geschenkt. Für eine Schönheitsoperation. „Die Liste mit den Änderungswünschen hat er gleich dazu gelegt.“ Am Ende dann doch der verdiente Beifall. Und das nicht zu knapp!

Zurück