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Bankster und Kopierer

Uli Masuth unterhält perfekt im Zweischlingen

„Halt“, das war doch Uli Masuth himself. Tatsächlich, der Künstler des Abends schreitet gedankenverloren auf dem Gehweg entlang der stark befahrenen Osnabrücker Straße Richtung Quelle. Es sieht nicht nur so aus, er geht tatsächlich noch einmal seine Texte für den bevorstehenden Auftritt durch. Recht so, Herr Masuth, im Zweischlingen wartet ein anspruchsvolles Kabarettpublikum, das perfekt bedient werden möchte!

Masuth ist so sympathisch, wie er auftritt. Ein gestandener Mann, der weiß, was er will, und
der weiß, was er kann. Der Titel seines aktuellen Programmes, „Ein Mann packt ein“, trifft eher
genau das Gegenteil. Er packt aus, prangert viele aktuelle Missstände an. Sein Auftritt ist gestochen
scharf, sehr politisch – nicht nur angehaucht – und trifft meist ziemlich genau auf den Punkt. „Je kürzer die angestrebte Restlaufzeit von Atomkraftwerken, um so länger die Restlaufzeit von Politikern …“

Für manche kam die Katastrophe in Japan allerdings zu spät. „Zwei Monate früher und
über unseren Blaublütigen Kopierer hätte keiner ein Wort verloren“, ätzt Masuth und scherzt:
„Ein Monteur im Verteidigungsminsterium sagt: ,Ich wollte den Kopierer abholen‘. Der Pförtner
antwortet: ,Der Baron ist schon zurückgetreten‘.“

Uli Masuth bereitet seinem Publikum an diesem Abend eine perfekte Vorstellung. Ohne dick
aufzutragen, aber sehr gut recherchiert, unterhält er auf sehr hohem Kabarettniveau. Weg von den extremen Mann-Frau-Geschichten, hin zum tagespolitischen Geschehen. Die Texte könnten auch auf der Tagesordnung eines Volker Pispers stehen – leicht zu verstehen, ironisch und wahnsinnig bissig im Nachgeschmack. Klasse Uli, das gut besuchte Zweischlingen kommt am Samstagabend voll auf seine Kosten. Was haben die spanischen Gurke und Kachelmann gemeinsam? Richtig, beide sind „freigesprochen“. Das Wort „Bankster“ bekommt im Zusammenhang mit der Finanzkrise erst so richtig seine Geltung. Das Problem bei der Finanzkrise ist das Geld – durch die Bank: „Wer hat eigentlich das Geld erfunden? Und warum nicht mehr davon?“ Angst und Bange macht die Masuth-eigene Rechnung, wenn es um AKWs geht. Ein Supergau sei nur alle 10.000 Jahre möglich, erklärten die Experten. „Jetzt haben wir aber rund 400 Kraftwerke dieser Art auf der Welt. Werden jetzt die 10.000 Jahre durch 400 geteilt, dann knallt es alle 25 Jahre – 1986 Russland, 2011 Japan und 2036?“

Uli Masuth erreicht seinPublikum mit den großen, aber auch den kleinen Dingen des Lebens.
„Warum wandern alte Menschen so gerne im Gebirge? Weil sie dort Steine finden, die noch
verkalkter sind als sie selbst“. Zuschauerin Sabine Schütter aus Ummeln ist schon zur Pause begeistert: „Man merkt, dass der Künstler eine große Lebenserfahrung mit auf die Bühne bringt und diese sehr glaubhaft in sein Programm einfließen lässt.“

„Ein Mann packt ein“ und die Probleme am Schopf. Ein sehr unterhaltsamer Abend, perfekt gespielt, mit vielen überraschenden Wendungen. Uli Masuth ist zurecht einer der angesagtesten Kabarettisten Deutschlands. Oft in OWL und mit Sicherheit nicht zum letzten Mal von Weimar nach Bielefeld gekommen. Mit der Bahn – und trotzdem pünktlich.

Neue Westfälische 9.6.2011

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