Spitzen zur Lage der Nation
Bad Bevensen. Eigentlich ist der Beruf des Kabarettisten heutzutage gar nicht mehr so schwer, denn er muss nur noch O-Ton reden. Will heißen, er zitiert. Die Politiker auf dieser Welt, in der Bildung als Vermögen weniger Wert ist als Vermögensbildung und sich das Fingerspitzengefühl der Demokratie längst in die Ellenbogen verzogen hat. Dietrich Kittner nannte das eine verschärfte Form dieser Kleinkunst. Uli Masuth ist ebenfalls da angekommen. Am Donnerstagabend konnte sich ein zahlreiches Publikum im Kurhaus davon überzeugen.
Der Mann aus dem Ruhrpott führte seine Schläge gegen all diejenigen, die mit sektlaunigen Erheiterungswünschen gekommen waren; satirisch pointierend, ironisch in Frage stellend, böse anklagend.
Er ist ein Moralist auf seine Weise, der Komponist, Kabarettist, Kirchenmusiker und gewesene Messdiener. Allein diese Karriere garantiert, dass Masuth weiß, worüber er redet, zu reden hat. Darüber beispielsweise, dass es im Lande „steil bergauf!“ geht. Mit der Mehrwertsteuer, dem Renteneintrittsalter, den Sprit- und Milchpreisen und den Versicherungsbeiträgen. Aber: „Wir sind gut gerüstet“, verkündete Frau Merkel. Welch strammer Satz.
Masuth machte aus, was schon die Klassiker erkannten: Das Geld ist falsch verteilt. „Wir haben kein Unterschichten-, sondern ein Oberschichten Problem“, ruft er. Und er hangelt sich traumwandlerisch sicher durch Jahresapanagen, Gehaltserhöhungen und Weihnachtsgratifikationen von Vorstansmitgliedern.
Dass der arme Schneemann ausstirbt, erfahren wir am Rande. Stichwort Klimawandel. Scheinbar mühelos extemporiert er über „ratzifizierte“ vatikanische Erlässe und darüber, dass sich Akademiker lieber einen Hund anschaffen als Kinder. Wohin gerät ein „Staat, der nur noch sparen will und nicht mehr helfen?“
Man lacht über all das. Von Herzen erleichtert: Das ist nicht die Realität, das ist deren Zuspitzung-die Karikatur. Es war gar nicht so sehr politisches Kabarett in seiner Urform, das Ma suth da spielte: ungerecht, überspitzt, hochgradig unkorrekt und gerade dadurch mit Amüsierfaktor und Nachdenklichkeitsquote.
Er listet Tatsachen dieser geldpervertierten Gesellschaft auf, kann, eben noch lächelnd, plötzlich ganz hundsgemein werden. Wenn er sich ans Klavier setzt und die Geschichte des Irak-Kriegs zu C-Dur-Noten erzählt zum Beispiel.
Uli Masuth zeigt nie mit dem Finger auf die anderen, er sagt stets „wir“. Der ist kein bloßes Lästermaul, sondern trägt unsere Sorgen und Ängste mit. Ein Abend, der das Zuhören gelohnt hat.
Allgemeine Zeitung der Lüneburger Heide Uelzen
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